Friede
Friede im Staat
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Mit zwischenmenschlichem Frieden, also dem Frieden zwischen einzelnen Personen, haben wir uns bereits letzte Woche beschäftigt. Dieses Mal wollen wir uns der nächsten Stufe des Friedens widmen, dem innerstaatlichen Frieden. Innerstaatlicher Frieden ist besonders schwer zu schaffen und auch zu wahren, da er kaum in seiner Idealform verwirklicht werden kann. Somit besteht stets das Risiko, dass einer der vielen Bausteine des innerstaatlichen Friedens zu locker sitzt und diesen letztendlich in sich zusammenbrechen lässt.
Innerstaatlicher Friede ist, wie es der Name schon verrät, Frieden innerhalb eines Staates, also Frieden in der Gesellschaft und zwischen unterschiedlichen Gesellschaftsgruppen. Natürlich wäre es schön, wenn innerstaatlicher Frieden von einem einzigen Faktor abhängen würde. Ganz so einfach ist es allerdings nicht, denn innerstaatlicher Frieden erfordert ein Zusammenspielen von vielen unterschiedlichen Faktoren, die man als Einzelperson eher schwer beeinflussen kann.
So ist ein wichtiger Punkt etwa die Einhaltung der Menschenrechte. Es ist erforderlich, dass jeder Mensch, unabhängig von Geschlecht, Sexualität, Hautfarbe und sämtlichen anderen Eigenschaften dieselben grundlegenden Rechte besitzt und damit gleich behandelt wird. Zu den Menschenrechten zählen etwa das Recht auf Leben, das Recht auf ein faires und öffentliches Gerichtsverfahren und das Recht auf Religions- und Meinungsfreiheit. Werden die Menschenrechte nicht berücksichtigt und ganze Personengruppen aufgrund einer gemeinsamen Eigenschaft in ihren Menschenrechten beschnitten und damit diskriminiert, so ist dies bereits eine wackelige Säule im Konstrukt des innerstaatlichen Friedens.
Noch ein wichtiger Punkt für innerstaatlichen Frieden ist die Vermeidung oder Abbau struktureller Gewalt. Gewalt muss nämlich keinesfalls ausschließlich auf personaler Ebene passieren, sondern kann auch aufgrund bestehender Gesellschaftssysteme geschehen. Strukturelle Gewalt führt zu ungleichen Machtverhältnissen und Lebenschancen von Leuten, die vom präferierten Standard abweichende Merkmale wie etwa Geschlecht, Alter oder Hautfarbe aufweisen. So werden Leute in Staaten, in denen strukturelle Gewalt vorhanden ist, beispielsweise wegen ihrer Hautfarbe systematisch in Hinsicht auf ihr Einkommen oder ihre Bildungschancen benachteiligt. Aber auch vererbte Armut oder Bildungsferne sind Merkmale struktureller Gewalt.
Ein weiterer wichtiger Punkt für die (Wieder-)Herstellung von innerstaatlichem Frieden ist eine legitime und stabile Politik. Hier ist es vor allem von Bedeutung, dass die Bürger:innen eines Staates sich darauf verlassen können, in einem gerechten Staat zu leben und nicht die Willkür einer Einzelperson oder einiger weniger Herrscher:innen fürchten müssen. Durch die Gewaltentrennung von Exekutive, Legislative und Judikative in Österreich ist beispielsweise gesichert, dass sich nicht eine kleine Zahl von Menschen all diese eigenständigen Institutionen unter den Nagel reißen und für persönliche Ziele ausnutzen kann. Ist es jedoch möglich, dass eine Person oder eine kleine Gruppe von Menschen die ganze Gewalt eines Staates an sich reißen und die Bevölkerung mit Willkür bevor- und benachteiligen kann, so ist auch dies ein Faktor, der eine Gefahr für den innerstaatlichen Frieden darstellt.
Schließlich ist auch die wirtschaftliche Lage eines Staates ein beträchtlicher Faktor dabei, wenn es um die Wahrung von innerstaatlichem Frieden geht. Ist ein Staat wirtschaftlich gesehen sehr instabil und müssen die Bürger:innen mit Schrecken zusehen, wie die Preise für Grundnahrungsmittel exponentiell in die Höhe schießen und gewisse Güter kaum verfügbar sind, während ihre Gehälter gleich bleiben und schon lange nicht mehr zum Leben ausreichen, so ist dies ein gutes Anzeichen dafür, dass aus all dem Unmut der Bevölkerung bald ein Aufstand entstehen und der Frieden gefährdet sein könnte.
Grundsätzlich kann man also sagen, dass innerstaatlicher Frieden sich vom zwischenmenschlichen Frieden nicht allzu sehr unterscheidet. In beiden Fällen muss man ständig gut hinschauen, damit keine gesellschaftliche Gruppe zurückbleibt oder an den Rand gedrängt wird. Dies ist allerdings ein komplexes Unterfangen, da man hierbei die Gesetze, die Wirtschaft, den Zugang zu Institutionen und die Infrastruktur zugleich beachten muss. In Österreich hat der innerstaatliche Frieden über lange Zeit hinweg gut funktioniert, allerdings sind mittlerweile steigende soziale Spannungen spürbar aufgrund vermehrter Fälle politischer Korruption, der kriselnden globalen Wirtschaft und dem Ukraine-Krieg.
Quellen:
https://www.dandc.eu/de/article/wichtige-voraussetzung-fuer-die-sicherung-von-frieden
https://www.gewaltinfo.at/fachwissen/formen/strukturelle_gewalt.php
https://de.in-mind.org/article/wie-menschenrechte-uns-den-weg-zum-frieden-weisen-psychologische-hilfen-und-fallstricke
https://www.bmz.de/de/entwicklungspolitik/frieden-und-sicherheit
Von: Miriam
2. Juni 2022
Bild: Priscilla Du Preez auf Unsplash
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