Es ist Mitte März – die Zeit, in der die Tage wieder merklich länger werden und mehr Tageslicht in die Wohnungen dringt. Doch was kann man tun, wenn der Wald des Nachbarn das verhindert?

Herr Graf hasst den Winter. Deshalb ist er auch froh, dass er nun endlich dem Frühling weicht. Längere Tage, angenehmere Temperaturen, wieder mehr Helligkeit draußen. Doch in seiner Wohnung im Parterre ist es alles andere als hell – aufgrund der Bäume nebenan. Frau Stroh, seine Nachbarin in der Wohnsiedlung, hat ihren Garten mit bis zu 14 Meter hohen Bäumen und Sträuchern bepflanzt, sodass dieser einem Wald ähnelt. Die Bäume nehmen Herrn Graf nicht nur die Sicht auf das Nachbargrundstück, sondern auch auf die Sonne. Die Art und die Höhe der Bäume sind zwar nicht unüblich, die Bestandstruktur hingegen schon. Herr Graf beschwert sich, dass er aufgrund des Schattenwurfs der Nachbarbäume ständig das Licht einschalten müsse. Auch der vorgelagerte Gartenbereich sei nur eingeschränkt nutzbar und der Rasen vermoost. Frau Stroh setzt dem entgegen, dass ihre Bäume durchaus ortsüblich seien und Herr Graf diese schon beim Kauf seiner Eigentumswohnung habe sehen können. Fälle wie dieser beschäftigen die Gerichte.

Kein einfacher Fall

Insgesamt wirft dieser Konflikt aber einige Fragen auf. Muss man es wirklich einfach so hinnehmen, wenn der Nachbar seine Bäume meterhoch wachsen lässt und diese somit die eigene Wohnung verdunkeln? Die Antwort darauf ist in der Judikatur typisch: Es kommt darauf an. Und zwar einerseits auf die Größe des durch den Schattenwurf betroffenen Grundstücks (bzw. die betroffene Fläche des Grundstücks) und andererseits auch auf die Intensität des Schattenwurfs selbst. Wird das Sonnenlicht nur zu bestimmten Zeiten leicht abgeschwächt, wird die Gartenbepflanzung in den meisten Fällen zu dulden sein. Ist hingegen eine nachhaltige Beeinträchtigung gegeben – weil z. B. überhaupt keine Sonne in die Wohnung dringt und die Stromkosten für künstliche Beleuchtung steigen – so hat man vor Gericht durchaus Chancen.

Alternativen zum Gericht

Doch oft ist der Weg zum Gericht gar nicht notwendig. Wächst ein Baum zum Nachbarn, kann er ihn unter bestimmten Voraussetzungen auch beschneiden. Informationen dazu bietet die Kammer für Arbeiter und Angestellte.

In Graz gibt es diesbezüglich die Baumschutzverordnung. Diese regelt, ab welcher Höhe man Bäume fällen darf. Bei uns in der Stadt sind demnach alle Bäume mit einem Stammumfang von 50 cm und langsamwüchsige Laubgehölze (etwa eine Magnolie) mit einem Stammumfang von 25 cm auf öffentlichem und privatem Grund erlaubt. „Das bedeutet, dass Bäume in Graz nicht ohne behördliche Genehmigung gefällt oder gekappt werden dürfen. Auch für Grabungen im Wurzelbereich muss bei der Behörde vorher angesucht werden“, heißt es auf der Seite der Stadt Graz. Dort findet man auch weitere Informationen zur Antragstellung bei Fällungen und Grabungen.

Die Baumschutzverordnung gilt auch für Edelkastanien, Maulbeer- und Nussbäume, Obstbäume sind hingegen ausgenommen.

Fälle aus der Praxis

Doch was kann man tun, wenn der Baum in einem Gemeinschaftsgarten steht und sich ein Mieter im Mehrparteienhaus darüber beschwert? Der Mieter kann sich an die Hausverwaltung wenden, die den Baum dann professionell auslichtet. Handelt es sich jedoch um Eigentumswohnungen, muss der Mieter davor mit allen Eigentümern sprechen. Ist mehr als die Hälfte der Eigentümer für eine Baumfällung, kann ein Umlaufbeschluss ans Gericht verfasst werden – wenn diesem wiederum mehr als die Hälfte zustimmt, kann ein Antrag zur Baumfällung an das Grazer Referat für Baumschutz gerichtet werden, erklärt uns ein zuständiger Mitarbeiter.

Pflanzt jemand einen Efeu auf seinem Grundstück, der auch auf das Grundstück des Nachbarn wächst, so hat dieser laut §422 ABGB das Recht, den Überhang auf seinem Grundstück selbst zu entfernen. Der Nachbar muss dabei jedoch darauf achten, dass es sich um eine fachgerechte Stutzung handelt und die Grundstücksgrenze nicht überschritten wird. Steht ein Baum auf beiden Grundstücken, müssen davor beide Parteien zur Fällung ansuchen, so das Referat für Baumschutz.

Handelt es sich um eine Hecke, die auf einen Gehweg oder eine Straße wächst, ist man laut Straßenamt dazu verpflichtet, diese regelmäßig zu schneiden und zu lichten, da ansonsten der Verkehr beeinträchtigt wird. Eine Hecke darf nicht ins öffentliche Gut wachsen oder hineinragen, so der Leiter vom Referat für Baumschutz in Graz.

Tipp für die eigene Bepflanzung

Möchte man als Nachbar selbst Bäume pflanzen und hat die Absicht, diese auch wachsen zu lassen, ist es generell hilfreich, zunächst mit dem Nachbar darüber zu sprechen, ob dieser dem Vorhaben etwas abgewinnen kann bzw. auch abzuklären, ob dadurch eventuelle Beeinträchtigungen des Nachbargrundstücks resultieren können. Das Pflanzen von Bäumen und das Wachstum selbst ist zwar nicht strafbar, allerdings darf für den Nachbarn keine unzumutbare Belastung gegeben sein. Mit der gegenseitigen Rücksichtnahme aufeinander lebt es sich auf jeden Fall leichter.

5 Comments

  1. Rozalia 7. August 2018 at 18:08 - Reply

    Junge Eiche gepflanzt
    Unserer Nachbar im Erdgeschoss hat gerade – zwei Jahren nach dem Wohnungskauf – eine 3-4m grosse Eiche in seinem Eigengarten (Zubehörobjekt eingetragen ins Grundbuch) gepflanzt. D. h., in einigen Jahren werden die Eigentümer, die Balkon und/oder Fenster auf dieser Seite haben, einfach keine freie Aussicht mehr geniessen können (Baum 8-9m von Hauswand entfernt). Darf er das, so ohne Weiteres?
    Ich meine, keiner hat beim Kauf wirklich damit gerechnet, dass in 10-20 J. (von mir aus, auch länger) einen Baum vorm Fenster/Balkon hat

    • Anna Kollreider 9. August 2018 at 12:44 - Reply

      Dem Nachbarn ist es grundsätzlich gestattet auf seinem Grundstück einen Baum zu pflanzen. Mit Veränderungen dieser Art ist immer zu rechnen. Sollte es in einigen Jahren aufgrund der Sicht und des Sonneneinfalls zu massiven Beeinträchtigungen kommen, so müsse man dies fallspezifisch prüfen. Im Artikel finden sich hierzu die passenden Anlaufstellen.

      • Rozalis 15. August 2018 at 17:48 - Reply

        An anderen Stellen (Internet) wird man darauf aufmerksam gemacht, dass beim Kauf einer Wohnung – in einem Mehrfamilienhaus – eigentlich nicht wahllos Änderungen an seiner Eigentum durchführen kann ohne die Mitbestimmung der Miteigentümer; das gilt auch auch für Zubehör- Wohnungseigentum. Ich dachte, Bäume die die Sicht in den oberen Stöcke zu verdecken drohen, beeinträchtigen somit die schutzwürdige Interessen der Eigentümer?

        • Anna Kollreider 16. August 2018 at 7:42 - Reply

          Wie gesagt ist das Pflanzen von Bäumen in Wohnanalagen (Mehrparteienhäusern) bei Eigentümern fallspezifisch zu prüfen. Es ist durchaus ratsam zunächst Kontakt mit der Hausverwaltung aufzunehmen bzw. eine Rechtsberatung zu konsultieren. In unserem Blog greifen wir unter anderem Themen auf, die in Nachbarschaften zu Herausforderungen und auch Konflikten führen können. Ich kann Ihnen allerdings keine juristische Auskunft zu ihrem konkreten Anliegen geben.

  2. Verena 23. April 2021 at 15:17 - Reply

    Besteht Unklarheit über die Frage nach der Grundstücksgrenze, ist es ratsam ein Unternehmen für Grundstücksvermessung zur Hilfe zu ziehen. Auf diese Weise kann die Grundgrenze von Beginn an ermittelt werden und beiden betroffenen Parteien Klarheit über erlaubte und nicht erlaubte Aktionen gegeben werden. Dies ist eine praktische Weise, um eventuelle Konflikte zu vermeiden.

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Von: Niklas

12. März 2018

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