Lange bevor die Rassentrennung in Süd- und Südwestafrika als Regierungsprogramm durchgesetzt wurde, waren ihre Ansätze in der Gesellschaft schon zu erkennen. Der schwarzafrikanischen Bevölkerung war es beispielsweise verboten, das Land weißer Siedler zu erwerben, während sie zudem in der Mehrzahl der Provinzen nicht an Wahlen teilnehmen durfte. Auch aus den Städten wurde sie zunehmend verdrängt, die ab 1923 nur mehr den Weißen als Wohnort vorbehalten war. Dagegen versuchte der African National Congress (ANC) ohne Anwendung von Gewalt anzukämpfen, war darin allerdings nicht immer erfolgreich.

Der ANC wurde ursprünglich als South African Native National Congress (SANNC) am 8. Jänner 1912 in Bloemfontein gegründet, der sich allerdings noch stark an den Idealen der Weißen orientierte und eher als Lobbygruppe für eine kleine schwarze Minderheit fungierte. Im Jahr 1925 entsprang dem SANNC der ANC, der zum Ziel hatte, die Rechte der Schwarzafrikaner in Südafrika zu unterstützen. Der ANC sah sich, im Gegensatz zum später gegründeten Pan Africanist Congress (PAC), nicht als exklusiv schwarze Widerstandspartei, sondern setzte sich für Menschen aller Hautfarben und Religionen ein.

Martinvl, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Die große Stunde des ANC war 1948 nach dem Sieg der National Party gekommen, die ihr Regierungsprogramm „Apartheid“ durchsetzte. Menschen wurden in die vier Rassen „weiß“, „schwarz“, „asiatisch“ und „coloured“ gruppiert und hierarchisch strukturiert. Während die Weißen, obwohl sie in der Minderheit waren, das Sagen Kontrolle über den Staat und seine Institutionen hatten, galten die anderen Rassen als „untergeordnet“. Ihnen war es unter anderem verboten, dieselben Busse, Toiletten und Strände wie die Weißen zu benutzen. Durch den Group Areas Act wurden die Nicht-Weißen in Wohngebieten von den Weißen abgesondert, der Homeland Act zwang schließlich die Schwarzen dazu, in eigene geografisch definierte Gebiete zu siedeln, was die Regierung durch die Zerstörung ihrer vorherigen Behausungen beschleunigte.

Gegen all diese Diskriminierungen kämpfte der ANC nach Vorbild Mahatma Gandhis zunächst ausschließlich gewaltfrei an. Streiks, Boykotte und Petitionen standen am Plan, sämtliche Protestaktionen verliefen von Seiten des ANC stets friedlich. Nachdem allerdings 1960 in Sharpeville bei einer Demonstration 69 Menschen von der Polizei erschossen worden waren und der ANC verboten wurde, verwarf der ANC fürs Erst seine gewaltfreien Prinzipien und bildete einen bewaffneten Flügel aus, der zu Gegenattacken in Form von Sabotageakten und Bombenanschlägen ansetzte. Zu diesem Flügel gehörte unter anderem auch Nelson Mandela, der 1964 wie viele andere Aktivist:innen inhaftiert und zusammen mit 14 anderen führenden Köpfen des Widerstands schließlich zu lebenslanger Haft verurteilt wurde.

Paul Weinberg, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

In den fast 30 Jahren nach seiner Inhaftierung operierte der ANC, dessen Anführer sich zum Großteil im Gefängnis oder im Exil befanden, aus dem Untergrund. In den 1970ern kehrte der ANC wieder zu friedlicheren Formen des Protests wie Boykotts, Streiks und Demonstrationen gegen das Regime zurück. Diesmal mit mehr Erfolg: Am 16. Juni 1976 boykottierten Schüler:innen in Soweto den Unterricht, da die Sprache Afrikaans, die sie kaum beherrschten, als Unterrichtssprache eingeführt werden sollte. Aus dem friedlichen Protest, dem sich in den darauffolgenden Tagen viele weitere Menschen anschlossen, wurde allerdings durch die gewaltsame Reaktion des Regimes ein riesiges Massaker, bei dem fast 600 Personen starben und weitere 4000 verletzt wurden.

Nun wurde auch die westliche Welt auf die Missstände aufmerksam: Kritische Stimmen und Forderungen nach Nelson Mandelas Freilassung wurden lauter, mehrere Staaten erließen Sanktionen gegen Südafrika, der internationale Druck steigerte sich. Als Folge wurden Mitte der 1980er einige Apartheidgesetze abgeschafft, im Jahr 1990 wurde schließlich das Verbot der ANC wieder aufgehoben und Nelson Mandela nach 27 Jahren Haft entlassen. Wenig später kam es auch zu offiziellen Verhandlungen zwischen Repräsentanten der unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen, um der Rassentrennung ein Ende zu setzen.

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Nachdem eine Übergangsregierung vier Jahre lang für die Geschäfte des Staats zuständig gewesen war, fanden endlich freie, demokratische Wahlen statt, an denen endlich alle Südafrikaner:innen teilnehmen konnten. Der ANC erreichte mit 62,6 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit und Nelson Mandela, der zu einer Symbolfigur des Anti-Apartheidkampfes geworden war, wurde zum ersten schwarzen Präsidenten Südafrikas gewählt.

Auch dieses Beispiel macht besonders deutlich, um wie viel effektiver friedlicher Widerstand sein kann. Während bewaffnete Proteste brutale Reaktionen des Regimes und Polizeigewalt in den Augen anderer Länder zu provozieren schienen, wirkte das brutale Niederschlagen und Ermorden friedlicher Aktivist:innen um einiges unverhältnismäßiger und traf damit auf Ablehnung auch außerhalb von Südafrika. Durch gewaltfreie Proteste hebt man sich also einerseits von den häufig gewaltsamen Gegenattacken der anderen Seite ab und kann in vielen Fällen zugleich, wenn auch nicht sofort, auf Unterstützung von außen hoffen.

Quellen:
https://www.bpb.de/politik/hintergrund-aktuell/68594/100-jahre-anc-06-01-2012

https://www.grin.com/document/76051
https://www.infoplease.com/encyclopedia/history/asia-africa/south-africa/african-national-congress
https://www.britannica.com/summary/African-National-Congress
https://www.spiegel.de/geschichte/soweto-aufstand-1976-der-anfang-vom-ende-der-apartheid-a-1097555.html

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Von: Miriam

10. Februar 2022

Bild: Ernest Cole, Public domain, via Wikimedia Commons

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